Ostern in Polen: Familie, Christusgedenken und Wasserschlacht
Ungefähr 90 % der Polen sind Katholiken. Die römisch-katholische Kirche nimmt im öffentlichen Alltag Polens und in den privaten Alltagswelten seiner Bürger trotz aller gesellschaftlicher Säkularisierungstendenzen immer noch eine zentrale Stellung ein.
Da verwundert es nicht, dass das wichtigste christliche Fest, Ostern, für die meisten Polen von ganz besonderer Bedeutung ist.
Typisch für Ostern in Polen ist die Mischung aus ernsten Gedenken an das Leiden und die Auferstehung Christi, dem fröhlichem Zusammensein von Familie und Freunden und dem derb-lustigen Neckbrauch am „nassen“ Ostermontag.
Fastenzeit und Karfreitag
Für viele Polen ist das religiöse Gebot, vor Ostern 40 Tage zu fasten, eine Herzensangelegenheit und wird beachtet. In diesem Zusammenhang kommt dem Karfreitag ganz besondere Bedeutung zu. Nicht wenige Gläubige nehmen am Gedenktag der Kreuzigung Jesu Christi nur Brot und Wasser zu sich.
Im Bewusstsein des Leidens Christi werden am Karfreitag, der in Polen anders als der Ostermontag kein gesetzlicher Feiertag ist, in vielen polnischen Wohnungen die Spiegel als Zeichen der Trauer verhängt.
An diesem Tag läuten keine Kirchenglocken. Die Gläubigen versammeln sich in den düster gehaltenen Gotteshäusern an symbolischen Christus-Gräbern zum Gebet.
Am Ostersonnabend wird vorbereitet
Der Tag nach der Düsternis des Karfreitags steht ganz im Zeichen geschäftiger Festvorbereitungen. Die Frauen und auch viele Männer backen Kuchen, bereiten warme und kalte Speisen sowie den Tischschmuck für den Ostersonntag vor.
Dabei wird großer Wert auf Tradition gelegt. Zum feierlichen Schmuck der Ostertafel werden gern Weidenzweige verwendet. Der vor allem im deutschsprachigen Raum populäre Osterhase hat in Polen kaum Anhänger.
Wichtig am Ostersonnabend ist die kirchliche Segnung des mit Immergrün ausgeschmückten Osterkörbchens („Koszyk“), das mit für das sonntägliche Osterfrühstück bestimmten Lebensmitteln wie den buntgefärbten Ostereiern („Pisanki“) gefüllt ist.
Wurde früher das gesamte Osterfrühstück in entsprechend sehr großen Körben in die Kirchen geschleppt, sind die hübschen Körbchen heute klein und lediglich mit Proben der später verzehrten Speisen gefüllt.
Ostersonntag: Feiern in Kirche und im Familienkreis
Der Ostersonntag beginnt am sehr frühen Morgen mit einem Auferstehungs-Gottesdienst. Die Kirchenräume sind dabei zunächst völlig dunkel gehalten, um die Verlorenheit der Menschen ohne Jesus zu versinnbildlichen.
Dann wird eine Osterkerze als Zeichen für die Auferstehung entzündet. Weitere Kerzen folgen und die Kirche erhellt sich. Mit Musik und Freudenprozessionen wird der Erleichterung, doch nicht verloren zu sein, Ausdruck gegeben.
Es folgt das häusliche, ausgesprochen üppige Osterfrühstück mit Familie und Freunden. Dabei kommen unter anderem die im Koszyk gesegneten Lebensmittel („Święconki“) auf den Tisch: Brot und das aus Teig, Schokolade oder Butter gemachte Osterlamm stehen für Christus, Wasser für den Heiligen Geist, Salz oder Pfeffer für den Bund mit Gott, Wurst für Wohlstand und Meerrettich für das Leiden Jesu.
Oft gehört auch ein Hefekuchen („Baba“) als Zeichen für besondere Talente zu den Koszyk-Speisen. Die Feiernden teilen sich zum Beginn des Essens ein Osterei, das Neuanfang und Auferstehung symbolisiert.
Neben den Święconki werden beim Osterfrühstück noch weitere Speisen wie saure Roggenmehlsuppe oder Fleisch serviert. Am Nachmittag machen viele polnische Familien ausgedehnte Osterspaziergänge.
Der „Nasse Montag“: wasserlastiger Osterausklang
Eine Sonderheit an Ostern in Polen ist der Nassmach-Brauch am als „Tag des Wassers“ („Smigus Dyngus“) benannten Ostermontag. An diesem Tag setzen vor allem Jugendliche alles daran, ihre Mitmenschen mit Wasser zu begießen oder zu bespritzen.
Wer sich an diesem Tag vor die Tür traut, muss damit rechnen, im Rahmen eines landesweiten Wet-T-Shirt-Spaßes nassgemacht zu werden.
Die Ursprünge dieses günstigenfalls bei milden Frühlingssonnen-Temperaturen gepflegten Osterbrauchs sind nicht eindeutig geklärt. Nach einer Erklärung geht er auf die am Anfang der Christianisierung Polens stehende Taufe des Piasten-Fürsten Mieszko I. im Jahr 966 zurück.
Auf jedem Fall ist der „Nasse Montag“ auch ein Balzritual, bei dem junge Männer durch das Wässern von jungen Frauen deren Attraktivität betonen.