Eine unsichtbare Größe: Wie viele Polen leben in Deutschland?
Die in Deutschland lebenden Polen werden oft als „unsichtbare“ Minderheit bezeichnet. Eine nationale bzw. ethnische Minderheit also, die im Alltag kaum als solche wahrgenommen wird.
Hier lebende Polen sind in der Mehrzahl hervorragend integriert. Hinzu kommt, dass sie von ethnischen Deutschen rein äußerlich nicht zu unterscheiden sind und dass sie ihre Verbundenheit zur polnischen Kultur in der Öffentlichkeit kaum zeigen.
Die tatsächliche Zahl der in Deutschland lebenden Polen dürfte daher viele überraschen.
Eine Frage der Definition: Wer ist überhaupt Pole?
Viele Polen leben seit Jahrzehnten in Deutschland. Sie besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie sind mit Nicht-Polen verheiratet oder selbst Kind nur eines polnischen Elternteils.
Diese und andere Umstände tragen dazu bei, dass sich die genaue Zahl der dauerhaft in Deutschland lebenden Polen nur schwer erfassen lässt.
Wie viele Polen leben in Deutschland? In Abhängigkeit von der Erhebungsmethode rangieren die Antworten zwischen 700.000 und mehr als 2 Millionen. Um das zu erklären, müssen mindestens drei Formen der Erhebung unterschieden werden.
Kriterium: Staatsbürgerschaft und die Polen
Eindeutige und verlässliche Zahlen liefern Erhebungen, die nach den in Deutschland lebenden Menschen fragen, welche die polnische (nicht aber die deutsche) Staatsbürgerschaft besitzen.
Auf Grundlage des Ausländerzentralregisters kommt das statistische Bundesamt so auf 740.962 Polen im Jahr 2015. Das sind 66.810 oder 9,91 Prozent mehr als noch 2014.
Von den insgesamt 9.107.893 in Deutschland lebenden Ausländern sind somit 8,13 Prozent Polen. Damit sind Polen nach Türken die größte Gruppe von Ausländern in Deutschland.
Dabei noch nicht berücksichtigt sind in Deutschland lebende Menschen, die sowohl die polnische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Ihre Zahl dürfte sich auf weitere fast 700.000 Personen belaufen.
Zusammengenommen leben in Deutschland also mehr als 1,4 Millionen Menschen mit einem polnischen Pass.
Kriterium: Migrationshintergrund von Polen
Die am weitesten verbreitete Form der Erhebung fragt allerdings nach dem Migrationshintergrund. Durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist der Begriff Migrationshintergrund exakt definiert. Er umfasst alle in der Bundesrepublik lebenden Personen, die später als 1949 nach Deutschland zugewandert oder in Deutschland als Ausländer zur Welt gekommen sind.
Unter die Definition fallen aber auch alle Nachkommen in zweiter Generation: In der Bundesrepublik geborene Deutsche, die zumindest ein Elternteil haben, das nach 1949 zugewandert ist oder als Ausländer in Deutschland geboren wurde.
Der bundesdeutsche Zensus im Jahr 2011 kommt so auf eine Zahl von etwa 2 Millionen Menschen mit polnischem Migrationshintergrund. Das entspricht einem Anteil an der deutschen Gesamtbevölkerung von bemerkenswerten 2,4 Prozent.
Studien des polnischen Staates kommen zu nahezu identischen Ergebnissen.
Kriterium: ethnisches Selbstverständnis
So umfassend das Kriterium Migrationshintergrund als Grundlage einer Erhebung auch ist: Er erlaubt keine Schlüsse darüber, inwiefern die so als „Polen“ kategorisierten Menschen sich tatsächlich selbst als Polen sehen.
Hier können nur solche Erhebungen Antworten liefern, die auf Grundlage von Befragungen gezielt untersuchen, ob in Deutschland lebende Personen sich selbst als Polen betrachten.
Unter den sogenannten Ruhrpolen tut das zum Beispiel nur noch eine Minderheit. Bei Menschen aus Oberschlesien ist die Frage der Selbstzuschreibung ebenfalls komplex.
Andererseits sollte nicht vergessen werden, dass die zahlreichen polnischen Arbeitsmigranten, die sich nur kurz- oder mittelfristig in Deutschland aufhalten, bei allen hier genannten Zählmethoden naturgemäß nicht berücksichtigt werden.
Regionale Unterschiede von Polen
Der generell hohen Zahl von Polen stehen außerdem beträchtliche regionale Unterschiede gegenüber. So lebten 2011 mehr als 760.000 oder 39 Prozent aller Polnischstämmigen in Deutschland in Nordrhein-Westfalen.
In Sachsen-Anhalt und Thüringen ist ihre Zahl mit jeweils kaum mehr als 10.000 Angehörigen hingegen am geringsten.
In den großen Ballungsgebieten Berlin, Hamburg, München und Köln beläuft sich der Anteil ethnischer Polen an der Bevölkerung auf bis zu 5 Prozent.
In einigen kleineren Städten und Gemeinden im Oder-Neiße-Grenzgebiet liegt er sogar noch höher.
Sicher ist: die Zahl der in Deutschland lebenden Polen geht in die Millionen, ihr Beitrag zu Deutschlands Kultur und Wirtschaft ist enorm.